Zur Zeit der Entstehung des Neuen Testaments entwerfen Autoren unterschiedlicher Provenienz Geschichte anhand herausragender Figuren als Ort göttlichen Einwirkens. Den biblischen Evangelien zufolge wurde durch das Leben Jesu Christi eine neue Ära in der Beziehung Gottes zur Welt und der Erkenntnis Gottes durch die Menschen inauguriert. Ähnlich biographisch zentrierte Darstellungen von Geschichte finden sich in angrenzenden religiös-kulturellen Kontexten. In der griechisch-römischen Welt ragen die Lebensbeschreibungen Plutarchs heraus, des platonischen Philosophen und Priesters des Apollon in Delphi, zeitgleich rankt sich eine reiche Textproduktion um Sokrates, Pythagoras, Orpheus, Hermes, die Pythia und die Sieben Weisen. In der Literatur des Hellenistischen Judentums verfasst der Schriftausleger und Philosoph Philon von Alexandrien Werke über Mose, Abraham und Joseph, daneben steht Literatur von der Weisheit Salomos bis hin zu Henoch oder die zwölf Patriarchen.
Das Projekt erarbeitet ausgehend von einem Vergleich der biblischen Evangelien mit ausgewählten Viten Plutarchs eine neue Methode transkultureller Textanalyse. Damit wird untersucht, ob und wie emblematische Einzelfiguren literarisch als Resonanzraum göttlichen Einwirkens gefasst werden. Ziel ist eine Neuverortung der biblischen Evangelien in der biographisch grundgelegten Literatur, wodurch umgekehrt die religiösen Aspekte als integralen Teil philosophischer und historischer Darstellungen in der frühen Kaiserzeit verständlich gemacht werden.
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