Abgeschlossene Projekte

Theological implications of anthropological conceptualisation in Hellenistic Judaism, Early Christianity and pagan-religious Platonism

Der Mensch als Bild Gottes und Abrund des Verlangens

Die theologischen Implikationen anthropologischer Vorstellungen in Hellenistischem Judentum, frühem Christentum und pagan-religiösem Platonismus

Nach traditionellen theologischen Vorstellungen kann der Mensch einerseits als "Bild" des unbegreiflichen Gottes, anderseits als bodenloser Abgrund von Begierden erscheinen. Dieses traditionelle Verständnis stellt jede religiös-philosophische Anthropologie vor ein scheinbar unauflösliches Paradox: als Bild des Göttlichen soll der Mensch eine erkenntnistheoretische Brücke zwischen der körperlichen Welt und dem transzendenten Gott herstellen, und trägt doch - als gefallene Kreatur - einen Abgrund in sich, der die äußerste Entfernung von Gott repräsentiert.

Das Projekt untersucht, wie die theologischen Implikationen dieses fundamentalen Paradoxons bei Autoren aus dem Bereich des religiösen Platonismus von der frühen Kaiserzeit bis zur Spätantike (1.-6. Jh. n.Chr.) theologisch fruchtbar gemacht werden. Dazu werden Vorstellungen, Bilder und Argumentationen in jüdischen (Philon von Alexandria), paganen (z.B. Plutarch und Plotinus) sowie christlichen Texten (z.B. Ambrosius, Augustin, Gregor von Nyssa, Pseudo-Dionysius Areopagita) untersucht. Diese Vorstellungen kulminieren in einer neuen apophatischen Anthropologie, die bei den späteren Kirchenvätern ausformuliert wird. Sie verwandelt den bodenlosen Abgrund in eine unausschöpfliche Tiefe, die zum unaussprechlich Göttlichen hinführt.

Ist Monotheismus notwendig als Konfliktfaktor zu betrachten? Das Projekt fragt gegenüber dieser prominent vorgetragenen Position nach dem integrativen (sozial-)ethischen und auch politischen Potential monotheistischer Positionen, indem es der Vorstellung der Einzigkeit Gottes in den Schriften eines der produktivsten, vielseitigsten und geistesgeschichtlich wirkmächtigsten Philosophen nachgeht: Plutarch von Chaironeia schrieb im 1./2. Jh. n. Chr. als platonischer Philosoph und Priester des Apollon am Orakelheiligtum in Delphi über unterschiedlichste religiöse Traditionen und Phänomene. Plutarchs Konzept, die vielen Götter und ihre Kulte auf die Verehrung des einen Göttlichen zurückzuführen, zielt darauf, so die Arbeitshypothese des Projekts, die verschiedenen religiösen und kulturellen Traditionen einer gemeinsamen religiös-philosophischen Wahrheitssuche zuzuordnen und es so zu ermöglichen, sie in ihrer Eigenständigkeit wahrzunehmen und zugleich in ein übergeordnetes Wertesystem einzuordnen. Das Projekt leistet einen Beitrag zur immer noch unabgeschlossenen Debatte über die Existenz eines paganen Monotheismus und eröffnet Perspektiven für die Suche nach heutigen Konfliktlösungsstrategien angesichts konkurrierender, vielfach religiös konnotierter und mit Ausschliesslichkeit vorgetragener Wahrheitsansprüche.

IFK Religious Conflicts and Coping Strategies

SNF-Projekt: «Das ‹Evangelium der Natur›. Der griechische Physiologus und die Wurzeln der frühchristlichen Naturdeutung»

Was hat der Pelikan mit Christus zu tun oder das Einhorn mit der Jungfrau Maria? Antworten auf solcherlei Fragen findet man im Physiologus, einer griechischen, wohl im 2. Jhdt. n.Chr. in Ägypten verfassten Schrift. Unter Aufnahme biblischer wie paganer Motivik und Hermeneutik bietet sie erstmals eine christliche, christologische Gesamtdeutung der Natur. Über mittelalterliche Bestiarien findet die Symbolik des Physiologus Eingang in Kunst, Literatur und Heraldik. Die Bedeutung dieser tief in antiker Naturlehre und biblischer Motivik verwurzelten, christologisch ausgedeuteten Bildsprache bleibt heutzutage vielfach rätselhaft. Das vorliegende SNF-Projekt Das ‹Evangelium der Natur›. Der griechische Physiologus und die Wurzeln der frühchristlichen Naturdeutung setzt es sich zum Ziel, die Wurzeln dieser alten Natursymbolik des Physiologus aufzudecken und so einen hermeneutischen Schlüssel zu ihrer Deutung zu erarbeiten.      

Weitere Mitarbeitende: Dr. Zbyněk Kindschi Garský

Das ‹Evangelium der Natur›. Der griechische Physiologus und die Wurzeln der frühchristlichen Naturdeutung

DFG-Projekt: «Sophist. Zur Diffamierung des Gegners als eines Intellektuellen»

Zwei verschiedene „Sophistenbilder“ gewinnen wir bei Platon und bei Flavios Philostratos: Der Sophist macht das schwächere Argument zum stärkeren. Er ist ein begnadeter Seelenfänger, Fabrikant von Wortgeklingel, der Sieg im Argumentationskampf zählt, Wahrheit ist zweitrangig (Platon, 5./4. Jhd. v.Chr.) - Der Sophist ist ein hoch angesehener, prominenter Showredner, ein aristokratischer Popstar der Kaiserzeit, oft auch ein respektabler Diplomat oder Politiker in seiner Heimatstadt (Flavios Philostratos, Vitae Sophistarum, 3. Jhd.). Trotz der positiven Bewertung von erster und zweiter Sophistik in der modernen Forschung gibt es in der antiken Literatur eine durchgehende Tradition von negativen Stimmen über den Sophisten. Sophistenkritik findet sich auch in der jüdischen und christlichen Literatur. Deshalb meine These: „Sophist“ ist die Bezeichnung des intellektuellen Gegners eines Autors. Ziel der Arbeit ist eine Darstellung der literarischen Entwicklung der Sophistenkritik von Platon (5./4. Jhd. v.Chr.) bis Iulius Pollux (2. Jhd.) und eine genauere historische und soziale Verortung des intellektuellen Gegners.

Die interdisziplinäre Forschergruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Rainer Hirsch-Luipold setzt sich mit der Verbindung von Philosophie und gelebter Religion zur Zeit der Entstehung des Neuen Testaments auseinander. Weitere Informationen sind auf der Homepage des Projektes zu finden.